Gemeinsam wachsen für Gesundes.
Wie so vieles im Leben hat sich auch die Terrarienhaltung im Laufe der Jahrzehnte verändert und weiterentwickelt. Arten, von denen vor Jahren gesagt wurde, dass sie nicht von Menschen gehalten und vermehrt wurden, werden jetzt regelmäßig als Nachkommen angeboten. Technologische Fortschritte – sei es in der Beleuchtungs- oder Bewässerungstechnik – haben uns auch dabei geholfen, unsere Tiere tiergerechter zu pflegen und zu halten – einschließlich naturnaher Lebensräume, die man bisher nur aus zoologischen Einrichtungen kannte.
Leider gibt es auch in der Reptilienzucht Entwicklungen, die nicht nur kritisch zu hinterfragen sind, sondern auch gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und daher abzulehnen sind – die sogenannten schlechten Zuchtpraktiken.
Artikel 1 des Tierschutzgesetzes stellt klar, dass niemand einem Tier ohne triftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Zuchtformen, die einem (persönlichen) Schönheitsideal entsprechen können und nicht frei von Schmerzen, Leiden und Schäden sind, stellen jedoch keinen zumutbaren Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes dar. Artikel 11b des Tierschutzgesetzes schreibt dies vor verboten, Tiere zu züchten oder biotechnische Maßnahmen zu verändern, wenn bei Züchtungen Zuchtergebnisse … erwarten lassen, dass das Ergebnis der Zucht oder Veränderung (1) bei den Nachkommen … oder deren Nachkommen fehlende oder ungeeignete erbliche Körperteile sind oder Organe oder zur bestimmungsgemäßen Verwendung umgestaltet werden und dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen.“ Dazu gehören auch erblich bedingte Verhaltensstörungen, die mit Leiden verbunden sind, aber auch Schmerzen, Leiden oder Schäden im Kontakt mit Artgenossen oder bei den Tieren selbst, oder eine Haltung, die nur Schmerzen, Leiden oder Schäden verursacht, ist möglich.
Damit wird deutlich, dass nicht jede Kulturform oder Farbmorphe für sich genommen eine schlechte Zucht ist, ebenso wenig wie aus einem Einzelfall Rückschlüsse auf alle Individuen eines Morphs gezogen werden können. Bei den Zuchtformen muss jedoch die kritische Frage gestellt werden, ob alle Tiere mit Veränderungen gegenüber der nominierten Form ohne Schmerzen, Leiden oder Schäden leben können! Liegen Anbauhinweise und/oder wissenschaftliche Nachweise vor, dass dies nicht der Fall ist, sind solche Anbauformen als Züchtung anzusehen und abzulehnen.
Um die theoretischen Grundlagen des Tierschutzgesetzes auf den Terraria-Veranstaltungen in die Praxis umzusetzen, konkretisieren wir nun in einem ersten Schritt jene phänotypischen Zuchtformen, die im Dezember 2022 von der Messe ausgeschlossen werden. Bei folgenden Morphen kann als sicher angesehen werden, dass Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Nachkommen auftreten oder auftreten können:
• Leopardgeckos „Lemon Frost“ (Hauttumorbildung)
• „Enigma“-Leopardgeckos (Enigma-Syndrom)
• „Spider“-Königspython (Wobble-Syndrom, vestibuläre Fehlbildungen)
• Bartagamen „Silkback“ (mangelnder mechanischer Schutz der Haut und sehr hohe Verdunstungsrate)
• Tagaktive Albino-Eidechsen und -Schildkröten (Mangel an Melanin führt zu erhöhter Lichtempfindlichkeit)
Morphen wie Bartagamen in der „Leatherback“-Form, schuppenlose Schlangen („Scaleless“) oder „Jaguar“-Morphs der Teppichpython werden auf Grundlage weiterer Informationen auf ihre mögliche Aufnahme in die Liste der verbotenen Rassen in den Terraria-Veranstaltungen evaluiert Wissenschaft, Veterinärmedizin und Züchterkreise.
Wir sind uns bewusst, dass diese Liste nicht vollständig ist und nicht allgemein begeistert sein wird. Mit diesem Schritt möchten wir jedoch nicht nur den Tieren gerecht werden, sondern auch auf das Wohlergehen der von uns betreuten Amphibien und Reptilien während der Brutzeit aufmerksam machen. Gesunde Tiere sollten im Mittelpunkt der Haltung und Zucht stehen, nicht Markttrends und Schönheitsideale. Daher werden wir regelmäßig evaluieren, welche Sorten als Zuchtstämme eingestuft werden sollten - das Verfahren ist daher ein dynamischer Prozess, genau wie das Züchten von Morphen!
Wir freuen uns auf Ihre Unterstützung bei der Umsetzung in unseren Terraria-Events!